Die hervorragenden Notlauf - und Hafteigenschaften und die hohe Gleitflächengüte haben den Kaltlauf unproblematisch gemacht. Hinzu kommt, dass die heutzutage üblichen Hochleistungs - Ölpumpen schon im Standlauf praktisch alle Gleitflächen mit Schmieröl geradezu fluten. Am Ende des Schmierölkreislaufs (in der Regel die Nockenwellen) sind Ölreservoire eingebaut, die ein Abfließen des Öls verhindern. Solche Motorenteile haben also eine eigene permanente "Ölwanne". Wegen der Schmierung ist ein Warmfahren also absolut unnötig. Der für die Gleitlager erforderliche Öldruck baut sich innerhalb Sekunden nach dem Kaltstart auf. Die Ölfilter müssen wegen des erhöhten Drucks beim Kaltstart sogar durch Beipassventile vor diesem Druck geschützt werden, weil sie sonst platzen könnten. Schon nach spätestens 100 m sind alle Schmierstellen überreichlich mit Schmieröl versorgt. Allenfalls wenn der Motor längere Zeit gestanden hat, solltest du ihn vor dem Ersten Gasgeben vielleicht 10-20 Sekunden im Stand laufen lassen. Ich nehme als "Zeiteinheit" immer das Anziehen der Handschuhe.
Für das "Warmlaufen" von Bedeutung ist nur ein einziges Bauteil - die Kolben. Genauer gesagt der Kolbenboden. Da die Verbrennungshitze zuerst an diesen abgegeben wird, dehnt er sich schnell aus. Bei Zylindern mit Guss - oder Stahlbuchsen dauert es 1-2 Minuten, bis auch diese sich ausdehnen. Das ist auch der Grund, warum diese Motoren größere Kolbenspiele haben, um für die unterschiedliche Wärmeausdehnung Platz zu schaffen. Buchsenlose Alu - Zylinder mit was auch immer welcher Beschichtung (ausser Keramik) nehmen die Wärme sofort auf und dehnen sich annähernd parallel zu den Kolbenböden aus.
Fazit : Zweitakter mit beschichteten Aluzylindern benötigen überhaupt keine Warmlaufphase. Moderne Viertakter ohne Gus - oder Stahlbuchsen auch so gut wie keine. Ältere Modelle mit solchen Buchsen und vor Allem mit Zahnradölpumpen wollen etwas sanfter angefasst werden.
Ansonsten - draufsetzen, starten, Handschuhe anziehen, wegfahren. Die ersten 3 Gänge mit maximal halber Drehzahl und maximal 3/4 Gas. Das wars. Wenn du nicht gerade innerhalb der ersten 2-3 Minuten in den Roten Bereich drehst, schadest du dem Motor nicht.
Noch ein Wort zu Notlaufschmierung. Ich habe Viertakt-Motoren geöffnet, die 10 Jahre nicht gelaufen waren. Im gesamten Motor gab es kein Fleckchen das nicht mit einer lückenlosen Ölschicht überzogen war. Diese Motoren hätte ich ohne Bedenken eiskalt gestartet und nach 1-2 Minuten ganz normal gefahren.
Mit dem Warmlaufen ist es ähnlich wie mit dem Einfahren - eigentlich unsinnig aber ein Schutz der Hersteller davor, dass eventuelle Fertigungsmängel zu schnell aufgedeckt werden.
Zum Schluss noch eine Frage: wieviele km hat dein Motor auf dem Buckel? Wenn er voll "eingefahren" ist kannst du die Warmlauferei sowieso vergessen. Was machst du wenn du mit deinem Auto aus der Garage fährst? Kriechst du damit auch kilometerweit, bis das Wasserthermometer max anzeigt? NEIN. Wo ist der Unterschied zum Motorradmotor ? Es gibt keinen !