Noch ein Versuch - keine Ahnung, warum mein Beitrag im ersten Anlauf nach dem Absenden so verhunzt wurde. Zwischenzeitlich habe ich mir einige der Edelstahlschrauben-Beiträge angesehen - geht leider manchmal ziemlich daneben.

Grundsätzliches: Die Begriffe 'Edelstahl' und 'Edelstahl rostfrei' (respektive 'rostfreier Edelstahl') sind nicht identisch - ist eine Frage der Legierungsbestandteile und des Legierungsgrades. Gemeint sind hier Schrauben aus 'Edelstahl rostfrei' (der keineswegs 100%ig rostfrei ist, aber unter bestimmten Umgebungsbedingungen eine erhöhte Rost- oder Korrosionsbeständigkeit aufweist), aus Bequemlichkeit benutze ich folgend trotzdem den kürzeren Begriff 'Edelstahl'. VA, V2A, V4A, Nirosta, Remanit u.a. sind Handels- oder Produktbezeichnungen oder -namen, jedoch keine offiziellen Werkstoffbezeichnungen - letztere sind durch normative Werkstoffnummern festgelegt. Daneben gibt es die Kurzbezeichnungen nach DIN EN ISO 3506, für am Motorrad einsetzbare Schrauben wären das A2 (austenitischer Edelstahl mit erhöhter Korrosionsbeständigkeit) und A4 (austenitischer Edelstahl mit erhöhter Säurebeständigkeit) in den (auf- oder eingeprägten) Festigkeitsklassen 70 (Zugfestigkeit 700 N/mm², Kurzbezeichnungen A2-70, A4-70) und 80 (Zugfestigkeit 800 N/mm², Kurzbezeichnungen A2-80, A4-80) - wenn erhältlich, besser die 80er-Schrauben verwenden. Die nicht gekennzeichneten Schrauben aus dem Baumarkt mit einer Zugfestigkeit von nur 500 N/mm² sind nur für sehr leichte Befestigungen geeignet - möglichst die Finger davon lassen, da man sie sonst unweigerlich mit den höherwertigen Ausführungen durcheinander bringt.

Zum Einsatz von Edelstahlschrauben am Motorrad, ohne auf die vielen Feinheiten wie Spaltkorrosion, Lochfraß, Spannungsrißkorrosion, Kontakt- oder Bimetallkorrosion im Detail einzugehen - am ehesten stellt die Kontaktkorrosion ein Problem dar, aber dann vor allem in ständig salzhaltiger Seeluft oder aggressiver Industrieatmosphäre (bei der selbstverständlichen Pflege der Maschine achtet man sowieso auf Korrosionsspuren!):

  • Wegen des hohen Freßrisikos das Gewinde von Edelstahlschrauben unbedingt mit einem geeigneten MoS2-Gleitmittel dünn einschmieren - empfehlenswert z.B. Molykote G-n oder G-n Plus, am besten mit einer harten Zahnbürste einbürsten. Ganz schlimm ist das Freßrisiko beim Verwenden selbstsichernder Muttern wegen des erhöhten Flankendrucks beim Einformen des Gewindes in den Sicherungseinsatz. Auch das 'Reinschrauben' von Schmutz/Sand in das Gewinde erhöht das Freßrisiko nochmal beträchtlich. Aufgrund der höheren Gewinderauhigkeit und der höheren Elastizität von Edelstahlschrauben gelten für sie die Anzugsmomente von (verzinkten) Normalstahlschrauben nur bedingt (vgl. die Angaben der Schraubenhersteller) - auch hier verbessert Molykote G-n die Verhältnisse erheblich.

  • Die Verwendung von Kunststoff-Unterlegscheiben aus PA (Nylon) ist einigermaßen sinnlos, da die Schraube meist bereits im Schaftbereich die Bohrungswandung berührt, im Gewinde aber auf jeden Fall wieder metallischen Kontakt hat. Zudem verhindert eine solche KuSto-Scheibe das Anziehen der Schraube mit einem definierten Drehmoment. Eventuelle Ausnahme hochglanzpolierte Deckel, s.w.u.

  • Direkter metallischer Kontakt mit ungeschützten Normalstahlteilen (z.B. in abgescheuerten Befestigungslöchern) ist unbedingt zu vermeiden, hier würde nicht nur das Normalstahlteil verstärkt rosten, ungünstigenfalls könnte auch die Edelstahlschraube rosten.

  • Ersatz von hochfesten Fahrwerks-Stahlverschraubungen und Federbeinbefestigungen durch Edelstahlschrauben? Auf gar keinen Fall - ihre 'Nachgiebigkeit' könnte zu gravierenden Problemen führen!

  • Leichtere Verschraubungen, Anbaukomponenten wie z.B. Zusatzscheinwerfer, Gepäckträger u.a.? Kein Problem, ausreichende Dimensionierung vorausgesetzt - will sagen, wer einen Gepäckträger mit M5er-Schrauben befestigt, dem sollte man den Führerschein entziehen.

  • (Alu-) Gehäuseverschraubungen (meist M6)? Kein Problem. Bei hochglanzpolierten Alu-Gehäusedeckeln wäre es denkbar, daß beim Anschrauben die natürliche Oxid-Schutzschicht des Aluminiums verletzt wird, und sich um den Schraubenkopf nach und nach leichte Blindspuren bilden. Ob das wirklich passieren würde, weiß ich nicht - einerseits regeneriert sich die Oxidschicht in sehr kurzer Zeit, andererseits gehöre ich nicht zur Hochglanzpolierfraktion. Wenn doch, könnten hier PA-Unterlegscheiben helfen, eine Dauertemperatur von unter 100 °C vorausgesetzt. Eine elegantere Lösung wären zweifellos Titanschrauben, die werkstoffbedingt ein sehr geringes Korrosionspotential im Kontakt mit Aluminium aufweisen - zwar sind Titanschrauben teuer, aber das sind hochglanzpolierte Alu-Deckel schließlich auch. Es gibt übrigens auch hochglanzpolierte Edelstahlschrauben.

Gruß, Peter

XS1100-Fahrer (460 000 km)

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Grundsätzliches: Die Begriffe 'Edelstahl' und 'Edelstahl rostfrei' (respektive 'rostfreier Edelstahl') sind nicht identisch - ist eine Frage der Legierungsbestandteile und des Legierungsgrades. Gemeint sind hier Schrauben aus 'Edelstahl rostfrei' (der keineswegs 100%ig rostfrei ist, aber unter bestimmten Umgebungsbedingungen eine erhöhte Rost- oder Korrosionsbeständigkeit aufweist), aus Bequemlichkeit benutze ich folgend trotzdem den kürzeren Begriff 'Edelstahl'. VA, V2A, V4A, Nirosta, Remanit u.a. sind Handels- oder Produktbezeichnungen oder -namen, jedoch keine offiziellen Werkstoffbezeichnungen - letztere sind durch normative Werkstoffnummern festgelegt. Daneben gibt es die Kurzbezeichnungen nach DIN EN ISO 3506, für am Motorrad einsetzbare Schrauben wären das A2 (austenitischer Edelstahl mit erhöhter Korrosionsbeständigkeit) und A4 (austenitischer Edelstahl mit erhöhter Säurebeständigkeit) in den (auf- oder eingeprägten) Festigkeitsklassen 70 (Zugfestigkeit 700 N/mm², Kurzbezeichnungen A2-70, A4-70) und 80 (Zugfestigkeit 800 N/mm², Kurzbezeichnungen A2-80, A4-80) - wenn erhältlich, besser die 80er-Schrauben verwenden. Die nicht gekennzeichneten Schrauben aus dem Baumarkt mit einer Zugfestigkeit von nur 500 N/mm² sind nur für sehr leichte Befestigungen geeignet - möglichst die Finger davon lassen, da man sie sonst unweigerlich mit den höherwertigen Ausführungen durcheinander bringt.

Zum Einsatz von Edelstahlschrauben am Motorrad, ohne auf die vielen Feinheiten wie Spaltkorrosion, Lochfraß, Spannungsrißkorrosion, Kontakt- oder Bimetallkorrosion im Detail einzugehen - am ehesten stellt die Kontaktkorrosion ein Problem dar, aber dann vor allem in ständig salzhaltiger Seeluft oder aggressiver Industrieatmosphäre (bei der selbstverständlichen Pflege der Maschine achtet man sowieso auf Korrosionsspuren!):

Wegen des hohen Freßrisikos das Gewinde von Edelstahlschrauben unbedingt mit einem geeigneten MoS2-Gleitmittel dünn einschmieren - empfehlenswert z.B. Molykote G-n oder G-n Plus, am besten mit einer harten Zahnbürste einbürsten. Ganz schlimm ist das Freßrisiko beim Verwenden selbstsichernder Muttern wegen des erhöhten Flankendrucks beim Einformen des Gewindes in den Sicherungseinsatz. Auch das 'Reinschrauben' von Schmutz/Sand in das Gewinde erhöht das Freßrisiko nochmal beträchtlich. Aufgrund der höheren Gewinderauhigkeit und der höheren Elastizität von Edelstahlschrauben gelten für sie die Anzugsmomente von (verzinkten) Normalstahlschrauben nur bedingt (vgl. die Angaben der Schraubenhersteller) - auch hier verbessert Molykote G-n die Verhältnisse erheblich.

Die Verwendung von Kunststoff-Unterlegscheiben aus PA (Nylon) ist einigermaßen sinnlos, da die Schraube meist bereits im Schaftbereich die Bohrungswandung berührt, im Gewinde aber auf jeden Fall wieder metallischen Kontakt hat. Zudem verhindert eine solche KuSto-Scheibe das Anziehen der Schraube mit einem definierten Drehmoment. Eventuelle Ausnahme hochglanzpolierte Deckel, s.w.u.

Direkter metallischer Kontakt mit ungeschützten Normalstahlteilen (z.B. in abgescheuerten Befestigungslöchern) ist unbedingt zu vermeiden, hier würde nicht nur das Normalstahlteil verstärkt rosten, ungünstigenfalls könnte auch die Edelstahlschraube rosten.
Ersatz von hochfesten Fahrwerks-Stahlverschraubungen und Federbeinbefestigungen durch Edelstahlschrauben? Auf gar keinen Fall - ihre 'Nachgiebigkeit' könnte zu gravierenden Problemen führen!
Leichtere Verschraubungen, Anbaukomponenten wie z.B. Zusatzscheinwerfer, Gepäckträger u.a.? Kein Problem, ausreichende Dimensionierung vorausgesetzt - will sagen, wer einen Gepäckträger mit M5er-Schrauben befestigt, dem sollte man den Führerschein entziehen.
(Alu-) Gehäuseverschraubungen (meist M6)? Kein Problem. Bei hochglanzpolierten Alu-Gehäusedeckeln wäre es denkbar, daß beim Anschrauben die natürliche Oxid-Schutzschicht des Aluminiums verletzt wird, und sich um den Schraubenkopf nach und nach leichte Blindspuren bilden. Ob das wirklich passieren würde, weiß ich nicht - einerseits regeneriert sich die Oxidschicht in sehr kurzer Zeit, andererseits gehöre ich nicht zur Hochglanzpolierfraktion. Wenn doch, könnten hier PA-Unterlegscheiben helfen, eine Dauertemperatur von unter 100 °C vorausgesetzt. Eine elegantere Lösung wären zweifellos Titanschrauben, die werkstoffbedingt ein sehr geringes Korrosionspotential im Kontakt mit Aluminium aufweisen - zwar sind Titanschrauben teuer, aber das sind hochglanzpolierte Alu-Deckel schließlich auch. Es gibt übrigens auch hochglanzpolierte Edelstahlschrauben.

Gruß, Peter

XS1100-Fahrer (460 000 km)

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