Drehmomentfrage - Die 14.

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Über dieses Thema haben wir hier schon Romane geschrieben und tagelang diskutiert. Ich habe eigentlich insgeheim gehofft, daß dieses Thema ausgelutscht ist.

Beginnen wir mal damit, daß das Drehmoment die einzig direkt meßbare Leistungsgröße ist. Auf dem Motorenprüfstand, der im Wesentlichen eine Bremse ist (Trrommel - Wasserwirbel oder Wirbelstrombremse) wird der Prüfling also auf eine Drehzahl X gebracht und dann abgebremst. Sobald die Bremskraft den Wert erreicht hat, bei dem die Drehzahl abfällt, ist das Drehmoment ermittelt, das der Motor bei dieser Drehzahl zu entwickeln imstande ist. Aus der zugehörigen Drehzahl und dem gemessenen Drehmoment wird dann die Leistung in PS oder KW errechnet. Das bedeutet, ein Motor produziert eigentlich ausschließlich ein bestimmtes Drehmoment bei einer bestimmten Drehzahl. Aus vielen aufeinanderfolgenden Messungen bei verschiedenen Drehzahlen wird die Drehmomentkurve ermittelt und zusammen mit der Drehzahl die Leistungskurve in PS oder KW errechnet. Das Drehmoment ist die eigentliche Kraft, die einen Motor in die Lage versetzt, ein Fahrzeug anzutreiben und zu beschleunigen. Das Hinterrad wird durch den Fahrtwiderstand(Reibung, Steigung) und den Luftwiderstand abgebremst. Wenn der Motor mehr Drehmoment entwickelt, als das Hinterrad an Bremsmoment, dann wird die Kiste schneller. Je größer dieser Unterschied zugunsten des Drehmoments ausfällt, desto schneller beschleunigt es das Fahrzeug und bis zu einer immer höheren Geschwindigkeit, bis der Fahrtwiderstand so hoch wird, daß das Drehmoment, das der Motor auf das Hinterrad überträgt, nicht mehr ausreicht, die Maschine weiter zu beschleunigen - Höchstgeschwindigkeit. Es ist also ein Ausgleich zwischen Motordrehmoment und Bremswiderstand am Hinterrad erreicht. Soweit die Physik ohne Zahlen. Wie schon geschrieben, folgt dieses Drehmoment einer Kurve und ist nicht weitgehend linear, wie bei einem Elektromotor. Das kommt daher, weil der Motor eine Gaspumpe ist, die nicht bei jeder Drehzahl die gleiche Effektivität hat. Hier kommt die Füllung ins Spiel. Je höher der Füllungsgrad, desto mehr Gas steht zur Verfügung und desto mehr Druck übt es auf die Kolben aus. Bei niederen Drehzahlen ist die Gassäule im Ansaugtrakt langsam, der Strömungswiderstand hoch und die Füllung schlecht. Als Beispiel kann man annehmen: ein beliebiger Motor mit 500ccm hat bei 1800 U/min einen Füllungsgrad von 40%. Das bedeutet, daß ihm nur 200 ccm Benzin/Luftgemisch zur Verfügung stehen. Das Drehmoment ist entsprechend schlecht. Mit steigender Drehzahl wird der Füllungsgrad höher und das Drehmoment steigt, bis zu dem Punkt, bei dem durch die hohe Strömungsgeschwindigkeit der Strömungswiderstand so hoch wird, daß die einströmende Luft abgebremst wird - der Füllungsgrad und damit das Drehmoment sinkt. Da die PS-Leistung aber das Produkt aus Drehmoment und Drehzahl ist, steigt die Motorleistung durch die steigende Drehzahl weiter an, obwohl das Drehmoment bereits am Sinken ist. Hubraum mal Füllungsgrad ist die zur Verfügung stehende Gasmenge, die über die Leistung entscheidet. Man kann also die Leistung durch die Größe des Hubraums beeinflussen und durch den Füllungsgrad. Bei Viertaktmotoren nimmt man dazu Turbolader, Kompressoren oder steilere Nockenwellen und größere Ventile. Bei Saugmotoren ist ein Füllungsgrad von über 100% kaum zu erreichen und wenn, dann nur ein einem extrem schmalen Drehzahlband, innerhalb dessen optimale Strömungsverhältnisse herrschen. Bei aufgeladenen Motoren geht das schon mal bis 400%, weshalb diese Motoren selbst bei kleinen Hubräumen gewaltige Leistungen erbringen. Einzig der Zweitakter kann auf eine mechanische Aufladung verzichten. Der macht das mit der Kurbelgehäusepumpe und der Resonanzwelle aus dem Auspuff. Bei extremen Rennmotoren wurden dabei auch schon Füllungsgarde von über 300% erreicht. Großvolumige Ein - und Zweizylindermotoren haben bei relativ niedrigen Drehzahlen (relativ deswegen, weil bei diesen Motoren das Drehmoment unter 1100 U/min schlagartig zusammenbricht), ein relativ hohes Drehmoment, weil sie im Verhältnis zum Hubvolumen relativ kleine Einlassquerschnitte haben, was hohe Ansauggeschwindigkeiten und damit eine gute Füllung bringt. Wenn die Drehzahl aber steigt (ab etwa 4000 U/min) steigt die Ansauggeschwindigkeit extrem an, der Widerstand steigt und PS-Leistung und Drehmoment werden abgewürgt. Bei 4500-5000 U/min ist dann Schluss. Durch den relativ großen Hub ergeben sich für das Drehmoment günstige Kurbelverhältnisse, die das Drehmoment etwas verstärken. Hochdrehende Multizylinder oder Motoren mit der kurzhubigen Auslegung etwa einer DUC haben bei niedrigen Drehzahlen ungünstige Stömungsverhältnisse und damit schlechtere Drehmomentwerte. Mit steigender Drehzahl und damit höherer Strömungsgeschwindigkeit bessern sich diese Werte.

Ich hoffe, ihr versteht das. Ich habs 2x durchgelesen und dann aufgegeben. Vielleicht kann mir einer von euch erklären, was ich da geschrieben habe. :-)))

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@chapp

Ganz bescheiden: Tut mir ja leid, aber ich habe es verstanden.

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@chapp

In der Tat: Sehr gut beschrieben. Vielen Dank für Deine Mühe!

So wie ich das verstanden habe, ist das Drehmoment hauptsächlich vom Füllungsgrad abhängig, der wiederum (hauptsächlich) von der Strömungsgeschwindigkeit abhängt.

Sehr gut, gefällt mir!

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@Afbian

Vom Produkt aus Füllungsgrad und Hubraum. Die Stömungsgeschwindigkeit bestimmt, wieviel Gas pro Zeiteinheit in den Zylinder kommt. Niedrige Strömungsgeschwindigkeit = viele Wirbel, hoher Widerstand. Zu hohe Strömungsgeschwindigkeit bedeutet hohen Strömungswiderstand und damit weniger Frischgas.

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@chapp

Alles klar. Genial ;-)

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@chapp

Super geschrieben Helmut, kann man einfach nicht anders sagen :-)

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@chapp

Wowww --- Super!! (Habe ja auch nichts anderes erwartet). Da ich die Zusammenhänge nicht so im Detail kannte, habe ich wieder von Dir einiges dazugelernt. Gebe aber zu, ich habe drei Anläufe gebraucht. Am Fernseher den Ton ausgemacht, Frau und Hund aus meinem Arbeitszimmer evakuiert und die Tür von innen verriegelt. ;-) Gruß Bonny

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Hab's auch verstanden..... dickes Sorry! :)

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Klasse Frage! Wie die Zusammenhänge mit dem Drehmoment (Schlüssel) ist, könnte ich Dir beantworten. Aber den kennst Du selber. Die Zusammenhänge mit dem Drehmoment beim Motor kenne ich auch nur "oberflächlich". Bin gespannt auf die Erklärungen, die hoffentlich verständlich und nicht nur rechnerisch sind.

Besonders Dein Themeneintrag "Drehmoment + Helmut ist Experte" finde ich Klasse und ich denke "Helmut" wird genau wie ich herzhaft lachen. Hat was. Gruß Bonny

Jo :-)

Ich habe bei Helmuts Profil irgendwann mal gelesen, dass er Experte dafür ist. Das ist halt hängen geblieben und ich dachte hier passt es.

Warum muss man auch mindestes zwei Themen angeben, wenn es wie hier doch nur um eins geht...

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